DER FALL DER BERLINER MAUER BEGANN IN SOPRON...
Diese Feststellung stammt aus 1990, von Lothar de Maiziere, dem letzten Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik. Genauso hat sich Bundeskanzler Helmut Kohl geäußert, als er an dem Tag der Wiedervereinigung von Deutschland gesagt hat: "Der Boden unter dem Brandenburger Tor ist ein Stück ungarischer Boden". Das sind wirklich ehrenvolle Worte, aber hoffentlich scheinen wir in Kenntnis der Tatsachen nicht überheblich zu sein, wenn wir Ungarn, die Wahrheit dieser Worte bestärken. Zum Fall der gefürchteten-verhaßten Mauer, die als Symbol der totalitären Systemen und als Europas Aufteilung nach ideologischen Grenzen galt, trugen die Ereignisse in Ungarn 1988-89 bedeutend bei, und sie führten zu einer demokratischen Wende. Im Herbst 1988 haben sich alle damals gegründete und immer stärkere Oppositionsparteien im ganzen Land zum Ziele gesetzt, den Gedanken über einen Anschluß zur europäischen Union und die Vorstellung der symbolischen Grenzen zu unterstützen. Diesen starken gesellschaftlichen Druch wahrgenommen hat im Frühling 1989 die ungarische Regierung, die dem alten sowietischen Muster entsprechend mit dem obersten Machthaber, mit dem Alleinherrscher, mit der Ungarischen Sozialistischen u. Arbeiterpartei ung verbunden war, beschlossen, das ganze Land umfassende Alarmanlage und Sperre, den sog. "Eisernen Vorhang" abzureißen. Inzwischen wurde der Einfluß und die Aktivität der demokratischen Oppositionsparteien immer größer, überall im Lande wurde demostriert, zB. am 15. März, am Tage der bürgerlichen Revolution (1848): die Menschen haben Demokratie, freie Wahlen, Preße- und Redefreiheit gefordert. Am 16. Juni 1989. wurden in Budapest, als Abschluß einer historischen Ära, der Kádár-Epoche, die Märtyren der Revolution 1956, Imre Nagy und seine Genossen beerdigt, die bis an den Tag in einem unbezeichneten Massengrab ruhten. Diesen Ereignissen haben sich die soproner, Oppositionsorganisationen angeschlossen, und haben mit ihren Demonstrationem jedesmal tausende von Leuten in Bewegung gebracht. Und dann, im Juli 1989 hat die Organisation der MDF (Ungarisches Demokratisches Forum) aus Debrecen die soproner Ortsgruppe mit der Bitte aufgesucht, eine Veranstaltung an der Stelle der ehemaligen Grenzensperre zu halten, die dem Gedanken über eine gemeinsame Europa ohne Grenzen gewidmet wird. Dieser Gedanke wurde im Mai 1989 bei einem Abendessen in Debrecen gefaßt, an dem Otto von Habsburg auch teilgenommen hat. Da entstand die Idee der Veranstaltung des Paneuropäischen Picknicks. Da die Zeit drängte und es ging um eine bedeutende Aufgabe, hat die örtliche MDF-Organisation die andere Oppositionsparteien (Freie Demokraten, Junge Demokraten, die Partei der kleinen Landwirten) aufgesucht. Es hatte aber auch einen anderen Grund: die vier Oppositionsparteien haben eine Abmachung getroffen, laut deren Grundregel arbeiten die Oppositionsparteien für die demokratische Wende gemeinsam. Nach mehrtägiger Überlegung haben diese Parteien beschlossen, das ursprünglich nur als geschlossenes Treffen geplante Picknick in einer, die ganze Region bewegende Veranstaltung umzugestalten. So kam der 19. August, als eine wirklich große Menschenmenge (cca. 15-20.000 Leute) auf die Wiese in Sopronpuszta gingen, und waren mit ihrer unglaublichen Begeisterung und Intensität am eigenhändigen Abbau des restlichen Eisernen Vorhanges beteiligt. Das Picknick wurde eine richtige Freudenfeier, und es ist teilweise einem nicht vorgesehenen Moment zu danken: um 15.20 haben mehrere hunderte DDR-Bürger an der Stelle der symbolischen Grenzenöffnung die Grenze durchbrochen, und stürzten nach Österreich. Dieses unterwartetes Ereignis machte das Paneuropäische Picknick zu einem wichtigen Geschehen der Weltgeschichte, und auch noch einigen Tagen später wurde überall auf der Welt darüber berichtet. Dieser Grenzendurchbruch wurde mit seinem historischen Wert auf die Aufnahmen von Tamás Lobenwein (Foto) und von Dr. György Kárpáti (videofilm) verewigt. Wir dürfen aber den Prozeß nicht vergessen, den dieses Picknick ausgelöst hat. Nach offiziellen Angaben aufhielten sich im Herbst 1989. 60.000 DDR-Bürger in Ungarn, und von denen wollte kaum jemand in seine Haimat zurückkehren. Viele Leute, deren Aufenthaltsbewilligung verfällt war, mußten in Flüchtlingerlagern untergebracht werden. Der Grenzendurchbruch am Paneuropäischen Picknick gilt als Einzellfall, aber viele DDR-Bürger haben einsam oder in kleinen Gruppen meist mit Erfolg versucht, über die "grüne Grenze" ins Land der Freiheit zu kommen. Die ungarische Regierung mußte zur Kenntnis nehmen, daß Ost-Europa ein Loch bekam, und sah sich zu einem humanen Schritt gezwungen, am 11. September die Grenze zu eröffnen. Das löste solche Ereignisse in der DDR aus, die zu den Massendemonstrationen (November 1989) führten, wo der Wunsch nach Freiheit und freien Reisen mit elementaren Kraft hervorgebrochen ist. Umsonst hat Erich Honecker im Oktober 1989 gesagt: die berliner Mauer wird noch hundert Jahre lang stehen: der Volkswille hat sie aber am 10. November 1989 niedergerissen. Als Symbol und wichtiges Moment eines schönen Traumes über die gemeinsame Europa, über freies Überschreiten der Grenzen, und als Symbol der demokratischen Selbstbestimmung können wir das Paneuropäische Picknick betrachten. Unsere web-site ist ein Dokument dieser Epoche und eine Zeitreise: kommen Sie mit in die heutige Integration Europas, und betrachten Sie diese web-site und unsere stadt Sopron für den "Vorraum der Freiheit", wie es von einem ostdeutschen Flüchtling formuliert wurde.
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