Rede des Botschaftes der Bundesrepublik Deutschland, Hasso Buchrucker, anläßlich der Feierlichkeiten zum Gedenken an die Grenzöffnung Sopron, 19. August 1997
Herr Bürgermeister, Herr Minister, Exzellenzen, meine Damen und Herren, der Münchner Philosoph und theologe Romano Guardini hat einmal das Wort geprägt: "Dankbarkeit ist die Erinnerung des Herzens." Ich möchte dem hinzufügen: "Verantwortung ist das Gebot der Vernunft." Wir brauchen heute beides: Dankbarkeit und Verantwortung. Dankbarkeit gegenüber all jenen, die geholfen haben, die schweren Jahrzehnte der Ungerechtigkeit erträglicher zu machen. Dankbarkeit gegenüber jenen mutigen Frauen und Männern, die vor acht Jahren der freiheit den Weg ebneten. Und Dankbarkeit schließkucg gegenüber Gott, der gegen Ende dieses Jahrhunderts uns die historische Chance schenkt, unseree Heimat wiederaufzubauen, in Einigkeit und Recht und Freiheit. Im letzten Monat wurden bei den Gipfeltreffen in Madrid, Denver un Amsterdam maßgebliche Weichen gestellt für weltweite große Veränderungen. In allen Regionen der Erde rücken die Völker zusammen. Das Wichtigste daran ist, daß Konflikte - die es immer geben wird - nie mehr mit kriegerischen Mitteln ausgetragen werden. Wir stehen in Europa am Ende dieses Jahrhunderts vor Chancen, wie wir sie nie zuvor hatten. Aber such vor der Verantwortung, die Lehren dieses Jahrhunderts mit Augenmaß und Umsicht in wohlüberlegte und langfristige Politik umzusetzen, die den Frieden in Europa in Freiheit und Gerechtigkeit für dei kommenden Generationen sichert. Wir müssen dafür sorgen, daß es nie wieder Grenzprobleme in Europa gibt, die den Frieden gefährden oder Menschen trennen. Wir tragen Verantwortung nicht nur für unser Land, sondern für unseren Kontinent und darüber hinaus. Die Einigung Europas liegt in unseren Händen. Sie schreitet fort und wird schon deshalb zustandekommen, weil sie ohne Alternative ist für das Überleben Europas in der interdependenten Welt des 21. Jahrhunderts ist. Dabei bleiben wir auch im vereinten Europa unserer Identität treu. Denn wir wissen: Die Stärke Europas liegt in seiner Vielfalt, Vielfalt in Einheit. Wenn wir an diesem Ziel ebenso geduldig wie beharrlich festhalten, meine Damen und Herren, dann werden wir dem Andenken derer, die vor acht Jahren mutig handelten, am besten gerecht. Vielen Dank.
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